Was versteht man unter „Nachlassspaltung“ und wann tritt sie ein?

Die Unterschiede im Kollisionsrecht verschiedener Staaten können in internationalen Erbfällen zu einer „Nachlassspaltung“ führen. Dies meint, dass die Abwicklung und Erbfolge nicht für den gesamten Nachlass einheitlich erfolgt, sondern dass die Regelungen verschiedener Staaten parallel anzuwenden sind.
Nachlassspaltung liegt z.B. in folgenden Fällen vor: 

– Ein fremder Staat unterscheidet zwischen verschiedenen Vermögensgegenständen, für die unterschiedliche Kollisionsregeln gelten.
Beispiel: In Frankreich wird die Erbfolge in bewegliches Vermögen dem Recht des Staates, in der Erblasser seinen Wohnsitz hatte,  unterstellt, aber auf unbewegliches Vermögen das Recht des Staates angewendet, in dem sich die Immobilie befindet.
Das deutsche Recht akzeptiert besondere Kollisionsregeln eines fremden Staates für Immobilien, die sich in ihm befinden. Wenn also z.B. ein deutscher Erblasser Immobilien in Frankreich hinterlässt, wenden deutsche Gerichte auf die Immobilien in Frankreich französisches Erbrecht an. Der restliche Nachlass wird aber nach deutschem Recht beurteilt. Auf den Wohnsitz kommt es nur dann an, wenn französische Gerichte entscheiden.

– Ein fremder Staat ordnet nur einen Teil der Fragen, die aus Sicht des deutschen Rechts „erbrechtlich“ sind, dem Erbrecht zu.
Die Common Law-Staaten sehen z.B. die Nachlassabwicklung als Verfahrensfrage an. Demnach kann z.B. ein Nachlassabwickler nach englischem Recht eingesetzt werden müssen, auch wenn deutsches Recht bestimmt, wer Erbe ist.

– Zur Nachlassspaltung kann es auch durch Rechtswahl kommen.
Bei Anwendbarkeit deutschen Erbrechts ist dies nur möglich, wenn ein ausländischer Erblasser deutsches Recht für in Deutschland belegene Immobilien wählt (Art. 25 Abs.2 EGBGB). Wenn das deutsche IPR auf ein fremdes Recht verweist und dieses eine teilweise Rechtwahl zulässt, wird dies aber i.d.R. anerkannt.

Unbeachtlich: Faktische Nachlasspaltung
Von einer „faktischen“ Nachlasspaltung spricht man, wenn zwei Staaten insgesamt unterschiedliche Rechtsordnungen für anwendbar halten, z.B. weil ein Staat den Wohnsitz, der andere die Staatsangehörigkeit des Erblassers für maßgeblich hält. Dies ist aus Sicht des deutschen Rechts unbeachtlich. Eine einheitliche Betrachtung des Nachlasses kann in diesem Fall aber an praktischen Durchsetzungsschwierigkeiten scheitern.

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