Erbfolge im belgischen Recht

Das belgische Recht sieht als Erben grundsätzlich die gesetzlichen Erben an, jedoch können durch Testament Vermächtnisnehmer bestimmt werden, die Erben wirtschaftlich gleichstehen können. Sowohl natürliche als auch juristische Personen können zu Erben berufen werden. Bei natürlichen Personen setzt dies voraus, dass sie im Zeitpunkt des Erbfalles leben oder bereits gezeugt sind und anschließend lebend geboren werden.

Erwerb der Erbschaft
Der Erbe tritt als Gesamtrechtsnachfolger in alle Rechte und Pflichten des Erblassers ein, wenn er die Erbschaft annimmt. Die Annahme kann durch ausdrückliche oder stillschweigende Erklärung erfolgen, das Recht hierzu verjährt nach 30 Jahren. Die Haftung für Nachlassverbindlichkeiten kann der Erbe durch die Ausschlagung der Erbschaft verhindern, es ist aber auch eine Annahme unter dem Vorbehalt der Inventarerrichtung möglich, durch die die Haftung auf den Nachlass begrenzt werden kann.

Gesetzliche Erbfolge
Vorrangig sind die Kinder des Erblassers zu gleichen Anteilen als Erben berufen, der Anteil eines vorverstorbenen Kindes fällt an dessen Abkömmlinge. Uneheliche Kinder und eheliche Kinder sind gleichgestellt. Ein Erblasser, der kinderlos verstirbt, wird je zur Hälfte von seinen Eltern und seinen Geschwistern beerbt, Anteile verstorbener Eltern fallen den Geschwistern zu, dagegen erben die Eltern alleine, wenn keine Geschwister oder Abkömmlinge von diesen vorhanden sind. Sind keine vorrangigen Erben vorhanden, erben zunächst je zur Hälfte die nächstverwandten Vorfahren des Erblassers mütterlicherseits und väterlicherseits. Sind diese verstorben, erben stattdessen die Seitenverwandten, also z.B. Onkel und Tanten des Erblassers.
Auch der überlebende Ehegatte ist gesetzlicher Erbe, aber meist erwirbt er nur ein Nießbrauchsrecht am Nachlass. Neben Kindern des Erblassers umfasst dieses das Gesamtgut und das Eigengut des Erblassers, sofern die Eheleute im gesetzlichen Güterstand der Errungenschaftsgemeinschaft nach belgischem Recht gelebt haben. Das Nießbrauchsrecht kann gegen Zahlung einer Abfindungssumme oder Rente aufgehoben oder in unbeschränktes Eigentum umgewandelt werden. Neben sonstigen Verwandten erhält der Ehepartner den Anteil des Verstorbenen am Gesamtgut als Volleigentum und am Eigengut ein Nießbrauchsrecht. Sind keine Verwandten zu gesetzlichen Erben berufen, wird der Ehepartner Alleinerbe. Zugunsten von Lebenspartnern, mit denen der Erblasser in Form eines „gesetzlichen Zusammenwohnens“ zusammengelebt hat, besteht ein eingeschränktes gesetzliches Erbrecht.

Verfügungen über den Nachlass durch Testamente
Durch Testament kann über das gesamte Vermögen zugunsten einer oder mehrerer Personen verfügt werden (Universalvermächtnis), es können bestimmte Anteile oder Vermögensgegenstände oder ein Nießbrauchsrecht zugewendet werden. Auch Testamentsvollstreckung ist möglich. Die Errichtung eines wirksamen Testaments ist grundsätzlich ab dem 18. Lebensjahr möglich, ab dem 16. Lebensjahr ist eine Verfügung über die Hälfte des Vermögens möglich. Das Testament muss hinreichend bestimmt sein und die Formvorschriften einhalten. Es kann ein eigenhändiges Testament errichtet werden, das vom Erblasser eigenhändig geschrieben, unterschrieben und datiert werden muss. Daneben kenn das belgische Recht die Errichtung von Testamenten durch notarielle Urkunde sowie das Internationale Testament nach dem Washingtoner Abkommen vom 26.10.1973.

Pflichtteilsrechte/Noterbrechte
Durch Testament kann nur dann über den gesamten Nachlass verfügt werden, wenn weder Kinder, noch Vorfahren oder Ehepartner leben. Zugunsten dieser Personen bestehen Noterbrechte, die durch Testamente nicht beeinträchtigt werden dürfen. Bei einem Kind darf der Erblasser nur über die Hälfte seines Vermögens verfügen, bei zwei Kindern über ein Drittel, bei drei und mehr Kindern nur über ein Viertel. Der Ehepartner hat ein unentziehbares Nießbrauchsrecht am halben Nachlass des Verstorbenen, er kann stattdessen aber auch einen Nießbrauch an Ehewohnung und Hausrat wählen. Vorfahren sind nur noterbberechtigt, wenn keine Abkömmlinge vorhanden sind; der Erblasser darf in diesem Fall mindestens über die Hälfte seines Vermögens verfügen. Gegenüber dem Ehepartner können Vorfahren kein Noterbrecht geltend machen, sodass dieser Alleinerbe werden kann.

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