Finanzamt darf ohne Titel ins Grundbuch vollstrecken

Mit einer Erbschaft fallen mitunter Steuern an; der Staat besteuert insofern den Übergang von Vermögenswerten an den Erben. Allerdings besteht die Steuerpflicht bei einer Mehrheit von Erben nicht für die Erbengemeinschaft als Ganze, vielmehr werden die einzelnen Erben jeweils für sich steuerpflichtig. Dabei richtet sich die Besteuerung jedes Einzelnen danach, mit welchem Teil (= Erbquote) er am Nachlass beteiligt ist.

Kommt der betreffende Erbe aber seiner Zahlungsverpflichtung nicht nach, so kann das Finanzamt dazu übergehen, Befriedigung aus dem Nachlass im Wege der Zwangsvollstreckung zu suchen. Problematisch ist dies, wenn der Nachlass unter den Erben noch nicht geteilt ist, wenn also noch mehrere Erben mit der so genannten Auseinandersetzung beschäftigt sind. Denn dann muss faktisch die Erbengemeinschaft für die Steuerschuld eines einzelnen Erben einstehen.

Das OLG München hatte sich in einem Beschluss vom 09.07.2009 (Aktenzeichen – 34Wx 52/09) mit einem derartigen Fall zu befassen. Das Finanzamt wollte aufgrund einer Steuerschuld eines Miterben in Höhe von 22.000 EUR in ein zum Nachlass gehörendes Grundstück vollstrecken. Dazu sollte eine Sicherungshypothek zur Sicherung der Geldforderung in das Grundbuch eingetragen werden. Problematisch war insofern, dass nach dem geltenden Zwangsvollstreckungsrecht eine Vollstreckung in einen noch ungeteilten Nachlass nur möglich ist, wenn auch gegen alle Miterben eine entsprechende Zahlungsanordnung in Form eines Leistungstitels besteht, was hier aber gerade nicht der Fall war. Das zuständige Amtsgericht hatte sich unter Berufung auf diese Regelung geweigert, die Grundbucheintragung zugunsten des Finanzamtes zu bewirken.

Zu Unrecht, wie das OLG in seinem Beschluss ausführte. Denn bei dem Beschluss der Nichteintragung seien die besonderen steuerrechtlichen Verfahrensvorschriften nicht beachtet worden. Danach kann das Finanzamt die Anträge, die zur Vollstreckung in unbewegliches Vermögen erforderlich sind, selbst stellen. Es muss dabei lediglich bestätigen, dass die gesetzlichen Voraussetzungen für die Vollstreckung vorliegen. Stellt die Finanzbehörde einen entsprechenden Antrag an das Grundbuchamt, so werden dadurch die notwendige Bewilligung durch den Schuldner (hier also die Miterben) ersetzt. Das Grundbuchamt darf dabei nicht untersuchen, ob tatsächlich die Voraussetzungen für eine Vollstreckung bestehen, sondern muss sich darauf beschränken, das Ersuchen der Finanzbehörde formell zu prüfen.

Das OLG kam somit zu dem Ergebnis, dass hier die steuerrechtlichen Vorschriften dem Zwangsvollstreckungsrecht vorgehen. Das Finanzamt durfte also im Ergebnis auch ohne einen Titel gegen die anderen Miterben in das betreffende Grundstück vollstrecken. Dadurch wird zwar der Finanzbehörde die Geltendmachung der Ansprüche erleichtert, allerdings müssen nun etwaige Miterben mit einer Vollstreckung ohne Vorankündigung rechnen. Diese kann der nicht steuerpflichtige Miterbe nur abwenden, indem er selbst die Steuerschuld begleicht und seine Zahlung später bei der Auseinandersetzung mit dem Anteil verrechnet, der an den steuerpflichtigen Erben auszuzahlen ist.

Tanja Stier
Rechtsanwältin

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