Erbrecht in Ungarn

von Orsolya Rácz, LL.M. – Rechtsanwältin

I.    Regelung des Erbrechtes

Das ungarische Erbrecht ist in dem fünften Teil des Zivilgesetzbuches (Gesetz Nr. IV von 1959) geregelt. Für die Auslegung der im Erbrecht anwendbaren verwandtschaftlichen Verbindungen sind die Vorschriften des Familiengesetzes maßgebend (Gesetz Nr. IV von 1952). Auf das Nachlassverfahren finden die Bestimmungen der Nachlassverordnung (Verordnung des Justizministers 6/1958 vom 4.7) Anwendung. In grenzüberschreitenden Erbschaftssachen wird das anwendbare Recht durch die IPR-Verordnung (Gesetzverordnung Nr. 13 von 1979) bestimmt.

Das ungarische Parlament steht vor der Verabschiedung eines neuen Zivilgesetzbuches, welches teilweise voraussichtlich im Mai 2010 in Kraft treten sollte. Das Erbrecht wird mit dem neuen Gesetz grundsätzlich nicht geändert, es ist aber zu erwarten, dass das Nießbrauchrecht des überlebenden Ehegatten (Witwenrecht) abgeschafft und der Ehegatte bzw. der registrierte Partner ein Kinderteil erben wird.

II.    Allgemeine Regeln des Erbrechtes

1.     Gesetzliche und gewillkürte Erbfolge

Nach ungarischem Recht ist die Erbfolge aufgrund des Gesetzes und aufgrund einer letztwilligen Verfügung möglich. Die letztwillige Verfügung hat Vorrang gegenüber der gesetzlichen Erbfolge. In diesem Fall sind aber die Regeln des Pflichtteils zu beachten (siehe unten). Kann der Erbe weder aufgrund der letztwilligen Verfügung noch aufgrund des Gesetzes bestimmt werden, geht der Nachlass auf den Staat über. (§ 599 ZGB)

2.     Rechtslage des Ehegatten, des Lebensgefährten und Adoptivkinder

Nach der Novellierung im Jahr 2009 hat der registrierte Partner die gleichen Rechte wie der Ehegatte. Besteht aber die Lebensgemeinschaft im Zeitpunkt der Eröffnung der Erbschaft nicht mehr und bestanden offensichtlich keine Aussichten mehr für die Wiederherstellung der Lebensgemeinschaft, ist der Ehegatte bzw. Lebensgefährte aus der gesetzlichen Erbfolge ausgeschlossen. Aufgrund einer letztwilligen Verfügung, die vor der Beendigung der Lebensgemeinschaft abgefasst wurde, kann der Ehegatte bzw. Lebensgefährte nur in dem Fall erben, wenn aus den Umständen die Folgerung gezogen werden kann, dass der Erblasser die letztwillige Verfügung deswegen nicht zurückgezogen hat, weil er trotz Beendigung der Lebensgemeinschaft sie/ihn als Erben einsetzen wollte (§ 601 ZGB). Auf den Ausfall des Ehegatten bzw. des Lebensgefährten kann sich nur derjenige erfolgreich berufen, der beim Ausfall des Ehegatten bzw. des Lebensgefährten selbst erben würde.

Im Falle der Adoption muss zwischen einer offenen und einer geheimen Adoption unterschieden werden. Im Falle einer geheimen Adoption besteht kein Erbrechtsverhältnis zwischen dem Adoptivkind und den Blutsverwandten. Im Gegensatz zu dieser Regelung beeinträchtigt eine offene Adoption nicht, dass das Adoptivkind Blutsverwandte beerbt. Das Adoptivkind wird mangels Ehegatten bzw. Lebengefährten von den Adoptiveltern und deren Verwandten nach den Regeln der gesetzlichen Erbfolge beerbt. Nur wenn die Erben des Adoptivkindes nach dieser Regelung nicht bestimmt werden können, erben die Blutverwandten des Adoptivkindes (§ 617 ZGB).

III.    Gesetzliche Erbfolge

1.     Allgemeine Regelungen

An erster Stelle ist das Kind des Erblassers der gesetzliche Erbe. Hat der Erblasser mehrere Kinder, so erben die je zu gleichen Teilen. Fällt ein Kind aus, erben die Kinder des fortgefallenen Kindes zu gleichen Teilen. Hat der Erblasser keine Kinder, dann beerbt ihn der Ehegatte bzw. der registrierte Partner (§ 607 ZGB).

Wenn der Erblasser weder Kinder noch Ehegatte bzw. registrierten Partner hatte, erben die Eltern je zu gleichen Teilen. Beim Ausfall eines Elterteils erben dessen Abkömmlinge seinen Anteil. Nur wenn der Elterteil keine Abkömmlinge hat, dann erbt der andere Elterteil seinen Anteil.

Hat der Erblasser weder Abkömmlinge noch Ehegatten bzw. registrierten Partner noch Eltern bzw. Abkömmlinge der Eltern, dann erben die Großeltern und beim Ausfall eines Großelterteils seine Abkömmlinge. Nur wenn der Großelterteil keine Abkömmlinge hat, erbt der andere Großelterteil seinen Anteil (§ 609 ZGB).

2.     Heimfallrecht (§§ 611-614 ZGB)

Diese Besonderheit des ungarischen Rechts ist bereits seit 1861 vorhanden. Ziel dieser Regelung ist es sicherzustellen, dass das Vermögen in der Familie bleibt und nicht auf angeheiratete Verwandte übergeht. Da diese Regelung feudale Hintergründe hat, war sie – insbesondere nach dem Zweiten Weltkrieg – oft Gegenstand von Debatten. Sie wurde trotzdem in das Zivilgesetzbuch von 1959 aufgenommen.

Die Bedingungen der Anwendung der Regeln des Heimfallrechtes:

  • der Erblasser hat keine Abkömmlinge;
  • in der Erbschaft befinden sich Gegenstände, die der Erblasser von einem seiner Vorfahren, Geschwister oder deren Abkömmlinge durch Erbfolge oder unentgeltliche Zuwendung erworben hat;
  • und der Vermögensgegenstand beim Erbfall vorhanden ist. Das Heimfallrecht erstreckt sich nicht auf Surrogate.

Nach dem Heimfallrecht werden die Gegenstände, die der Erblasser von einem seiner Vorfahren durch Erbfolge oder unentgeltliche Zuwendung erworben hat, nicht von den gesetzlichen Erben geerbt, sondern von den Eltern des Erblassers und dessen Abkömmlinge. Das gleiche gilt für Gegenstände, die der Erblasser von Geschwistern oder dessen Abkömmlingen geerbt oder als unentgeltliche Zuwendung erworben hat, vorausgesetzt, dass diese von einem mit dem Erblasser gemeinsamen Vorfahren geerbt oder unentgeltlich erworben wurden.

Der Elterteil erbt die Vermögensgegenstände, welche von ihm oder einem seiner Vorfahren auf den Erblasser übergegangen sind. Beim Ausfall eines Elterteils erben dessen Abkömmlinge nach den allgemeinen Regeln der gesetzlichen Erbfolge.

3.     Zurechnung (§§ 619-622 ZGB)

Wenn ausschließlich die Abkömmlinge des Erblassers erben, hat das ungarische Recht eine besondere Regelung, um die Unterschiede zwischen den Erbanteilen abzuschaffen. Hat ein Abkömmling von dem Erblasser eine unentgeltliche Zuwendung erhalten, dann ist diese seinem Erbanteil zuzurechnen, vorausgesetzt, dass der Erblasser so verfügte. In der Praxis bedeutet diese Regel, dass der Wert der unentgeltlichen Zuwendung bei der Ermittlung der  Nachlassmasse zum Nachlass addiert und diese Gesamtmasse unter den Abkömmlingen aufgeteilt wird. Nach Ermittlung des Erbanteils ist der Wert der erhaltenen Zuwendungen abzuziehen und der betroffene Erbe erhält nur die Differenz (§§ 620-622 ZGB).

4.     Nießbrauchrecht des Ehegatten bzw. registrierten Lebensgefährten (Witwenrecht §§ 615, 616)

Das Nießbrauchsrecht ist das meist umstrittene Element des ungarischen Erbrechtes. Nach dem ungarischen Erbrecht erbt der Ehegatte bzw. der registrierte Lebensgefährte kein Eigentum, sondern nur Nießbrauch an allen Nachlassgegenständen, die er nicht ohnehin als Erbe – aufgrund einer letztwilligen Verfügung – erworben hat. Dieses Recht besteht, bis eine neue Ehe geschlossen bzw. eine neue Partnerschaft registriert wird.

Dieses Rechtsinstitut hat sowie das Heimfallrecht feudale Wurzeln und seine Anwendung in den heutigen Lebenssituationen ist ziemlich umstritten. Bei der Entstehung des Rechtsinstituts des Witwenrechtes bestand der Nachlass überwiegend aus Vermögensgegenständen – z.B. Land, Tiere – aus welchen Nutzen gezogen werden konnten und der Nießbrauch hat daher den Eigentümer nicht völlig verhindert, seine Rechte wahrzunehmen. Heutzutage besteht aber der Nachlass in den meisten Fällen aus Gebrauchsgegenständen, deswegen bedeutet das Bestehen des Nießbrauchsrechts praktisch die völlige Beschränkung des Eigentümers. Um diese Ungerechtigkeit zu vermeiden, sieht ungarisches Recht die Möglichkeit der Begrenzung und der Ablösung des Nießbrauchs vor.

Die Abkömmlinge haben das Recht, die Begrenzung des Nießbrauchs auf das Maß zu beantragen, das die Bedürfnisse des Ehegatten unter Beachtung der Nachlassmasse sowie des Vermögens und der Erwerbstätigkeit des überlebenden Ehegatten abdeckt. Im Gegensatz zur Begrenzung des Nießbrauchs kann dessen Ablösung von den Erben oder dem Ehegatten bzw. dem registrierten Lebensgefährten beantragt werden. Die Ablösung ist aber für die Wohnung, in welcher der überlebende Ehegatte bzw. registrierte Lebensgefährte lebt, und für den von ihm benutzten Hausrat ausgeschlossen. Wird der Nießbrauch abgelöst, dann erbt der Ehegatte bzw. der registrierte Lebensgefährte den gleichen Teil, wie einer der Abkömmlinge des Erblassers gesetzlich erben würde. Die Ablösung ist innerhalb eines Jahres nach der Eröffnung des Nachlasses vor dem zuständigen Notar zu beantragen.

IV.    Gewillkürte Erbfolge – letztwillige Verfügung

Ungarisches Recht kennt drei Arten von letztwilligen Verfügungen, nämlich:

  • Testament;
  • Erbvertrag;
  • Schenkung von Todes wegen.

1.     Testament im Allgemeinen

Das Testament ist eine einseitige Willenserklärung des Erblassers, in welchem er über sein Vermögen oder über einen Teil davon von Todes wegen verfügt (§ 623 ZGB).
Die inhaltlichen Bedingungen, die erforderlich sind, um eine Willenserklärung als Testament anzusehen, wurden durch die Rspr. ausgearbeitet. (Nr. 85 PK) Diese Bedingungen sind:

  • die Erklärung stammt der Form nach von dem Erblasser und
  • die Erklärung beinhaltet einen Hinweis, aus dem ihre Eigenschaft als Testament hervorgeht. (z.B. „Falls etwas mit mir passiert, gehört alles ihnen“)

Es ist wichtig zu bemerken, dass der Notar oder – falls eine Klage erhoben wird – das Gericht von Amts wegen zu prüfen haben, ob diese Bedingungen vorliegen. Fehlen diese Bedingungen, liegt kein Testament vor (die Feststellung der Ungültigkeit oder Unwirksamkeit eines Testamentes kann nur auf Antrag eines Begünstigten geprüft werden).

2.     Arten des Testamentes

Ungarisches Recht kennt die folgenden Arten von Testamenten:

  • öffentliches Testament;
  • privatschriftliches Testament und
  • mündliches Testament.

Das schriftliche Privattestament hat drei Arten, nämlich:

  • eigenhändiges Testament;
  • fremdhändiges Testament;
  • beim Notar hinterlegtes Privattestament.

a.     Öffentliches Testament (§ 624 ZGB)

Ein öffentliches Testament kann entweder beim Notar oder beim Gericht hinterlegt werden. Ein Testament wird als öffentliches Testament anerkannt, wenn es den Formerfordernissen der notariellen Urkunde entspricht.

b.     Privatschriftliches Testament (§§ 627-632 ZBG)

Das Testament ist gültig, wenn die Eigenschaft als Testament sowie Ort und Datum aus der Urkunde selbst hervorgehen. Es ist nicht erforderlich, das Wort „Testament“ in der Urkunde zu benutzen. Zur Wirksamkeit reicht es, wenn aus der Gesamtheit der Urkunde hervorgeht, dass es sich um die letztwillige Verfügung des Erblassers handelt. Die Datierung muss sich auf einen genauen Tag beziehen, deswegen ist eine Datumsangabe wie etwa „vor der Geburt meines Kindes“ unwirksam. Das Testament ist von dem Erblasser selbst zu unterschreiben. Besteht das Testament aus mehreren Blättern, so muss jedes Blatt laufend nummeriert und vom Erblasser und – wenn Zeugen erforderlich sind – von den Zeugen unterschrieben werden.

Das Testament ist gültig, wenn es entweder von Anfang bis Ende vom Erblasser selbst geschrieben und unterschrieben ist oder vom Erblasser vor zwei Zeugen unterzeichnet wird, oder wenn der Erblasser die Unterschrift vor zwei Zeugen als seine eigene anerkennt. Die Zeugen müssen das Testament ebenfalls unterschreiben. Die Zeugen sollen den Inhalt des Testamentes nicht kennen, sie brauchen auch nicht zu wissen, dass sie bei der Errichtung eines Testaments mitwirken. Sie bestätigen nur, dass das Testament tatsächlich vom Erblasser errichtet wurde.

Das Testament ist ebenfalls gültig, wenn es vom Erblasser unterzeichnet wird und beim Notar als Testament, als eine offene oder geschlossene Urkunde, hinterlegt wird. In diesem Fall ist weder die Mitwirkung von Zeugen noch eigenhändiges Schreiben zur Gültigkeit des Testaments erforderlich.

c.     Mündliches Testament (§§ 634, 635 ZGB)

Ein mündliches Testament kann nur in Ausnahmefällen, nur in lebensbedrohlicher außerordentlicher Situation errichtet werden, wenn der Erblasser seinen letzten Willen nicht schriftlich verfassen kann. Das mündliche Testament ist gültig, wenn der Erblasser es vor zwei Zeugen in vollem Umfang vorträgt und zugleich erklärt, dass es seine letztwillige Verfügung sei.

3.     Inhalt des Testaments

Der Erblasser kann den Inhalt des Testaments frei bestimmen. Das Gesetz erwähnt nur ein paar typische, aber keine zwingenden Elemente des Testaments. Diese sind die folgenden:

Die Einsetzung eines Erben oder eines Ersatzerben sind typisch in einem Testament. Der Ersatzerbe ist ein Erbe, welchen der Erblasser für den Fall einsetzt, wenn der Erbe ausfällt. Wurde kein Ersatzerbe bestimmt oder ist nicht der gesamte Nachlass mit dem Testament abgedeckt, so gelten die Regeln der gesetzlichen Erbfolge. (§ 636 ZGB)

Der Erblasser kann in seinem Testament seinen gesetzlichen Erben oder eine Person, die sein gesetzlicher Erbe sein könnte, aus der Erbschaft ausschließen. Die Ausschließung braucht nicht begründet zu werden. Aus dem Pflichtteil kann der gesetzliche Erbe jedoch nicht ausgeschlossen werden (§ 637 ZGB). Wird der Erbe in dem Testament enterbt, steht ihm kein Pflichtteil zu. Die Enterbung ist aber in dem Testament zu begründen und ist nur in den gesetzlich vorgesehenen Fällen zulässig (§§ 662-664 ZGB).

In dem Testament kann der Erblasser über die Anordnung eines Vermächtnisses und über eine Auflage verfügen. Wird in dem Testament ein Vermächtnis angeordnet, bedeutet es, dass ein Nachlassgegenstand an eine bestimmte Person herauszugeben ist. Es ist wichtig, dass der Begünstigte eines Vermächtnisses kein allgemeiner Rechtsnachfolger des Erblassers ist (§ 641 ZGB). Die Auflage bedeutet, dass der Erblasser in dem Testament einen Erben zur Erbringung einer bestimmten Leistung verpflichtet. Der Begünstigte dieser Leistung hat aber nicht das Recht, die Leistung zu fordern (§ 642 ZGB).

4.     Ungültigkeit und Unwirksamkeit des Testamentes

a.     Ungültigkeit und Unwirksamkeit im Allgemeinen (§§ 653, 654 ZGB)

Auf Anfechtung des Testamentes ist nur derjenige berechtigt, der im Falle der Feststellung der Ungültigkeit bzw. Unwirksamkeit selbst erben oder von einer Schuld befreit würde. Das Recht der Anfechtung verjährt nicht, der Berechtigte kann dieses Recht jederzeit geltend machen. Das Anfechtungsrecht kann entweder während des Nachlassverfahrens oder in einem getrennten Zivilprozess geltend gemacht werden. Die erfolgreiche Anfechtung hat aber nur eine relative Wirkung. Das bedeutet, dass die Anfechtung das Testament nur gegenüber demjenigen unwirksam bzw. ungültig macht, der das Testament angefochten hat. Wenn also nur einer von mehreren gesetzlichen Erben das Testament erfolgreich anficht, dann wird das Testament nur ihm gegenüber unwirksam. Gegenüber den weiteren gesetzlichen Erben bleibt das Testament weiterhin in Kraft.

Die Gründe der Ungültigkeit können in die folgenden Gruppen eingeordnet werden:

  • wegen Fehlens der Testierfähigkeit;
  • wegen Willensmangels;
  • wegen Formmangels;
  • wegen des Inhalts.

Testierfähigkeit
Handlungsunfähige Personen können kein gültiges Testament errichten. Eine begrenzt handlungsfähige Person kann ausschließlich ein öffentliches Testament wirksam abgeben. Ein Blinder oder ein Analphabet kann kein Privattestament gültig errichten (§ 624 ZGB).

Willensmangel im Testament
Das Testament ist ungültig, wenn der Erblasser hinsichtlich des Inhalts der Erklärung geirrt hat oder überhaupt keine solche Erklärung abgeben wollte. Die Erklärung ist ebenfalls unwirksam, wenn der Erblasser durch eine irrige Annahme oder eine später nicht in Erfüllung gegangene Erwartung zu deren Abgabe bewogen wurde. Wurde die Erklärung unter rechtswidriger Drohung oder unerlaubter Einflussnahme abgegeben wurde, ist sie ebenfalls unwirksam. All diese Gründe führen nur in dem Fall zur Ungültigkeit des Testamentes, wenn der Erblasser die Erklärung sonst nicht abgegeben hätte (§ 649 ZGB).

Formmangel des Testaments
Oben wurden die strikten Formvorschriften bezüglich eines Testaments ausführlich beschrieben. Wurde das Testament nicht diesen Vorschriften entsprechend errichtet, ist es ungültig. Das Testament ist ebenfalls ungültig, wenn es von einem Vertreter verfasst oder als gemeinsames Testament mehrerer Personen errichtet wurde. Nach ungarischem Recht ist diese Möglichkeit ausgeschlossen (§ 644 ZGB).

Inhaltliche Mängel des Testaments
Die Bestimmung des Testaments, nach welcher eine solche Person als Erbe eingesetzt wird, der beim Tode des Erblassers noch nicht einmal gezeugt war, ist unwirksam (§ 646 ZGB). Die Einsetzung eines Nacherben – d.h. wenn nach einem bestimmten Zeitpunkt ein neuer Erbe statt des ursprünglichen Erben eingesetzt wird – und die Zuwendung, die an eine rechtswidrige, unklare, unmögliche oder widersprüchliche Bedingung geknüpft ist, ist ungültig (§ 647 ZGB).

b.     Unwirksamkeit des Testaments (§§ 650, 651 ZGB)

Der Grund der Unwirksamkeit ist immer eine Handlung des Erblassers, die nach der Errichtung des Testaments erfolgt. Wird das Testament zurückgenommen, ist es – bzw. die Verfügungen, die im Widerspruch mit dem neuem Testament stehen – unwirksam. Für die Zurücknahme des Testaments sind die Vorschriften der Errichtung des Testaments maßgebend.

Das privatschriftliche Testament wird unwirksam, wenn es vom Erblasser oder einem Dritten mit seiner Kenntnis vernichtet wird oder der Erblasser sich mit dessen ungewollter Vernichtung abfindet. Das beim Notar hinterlegte Privattestament wird unwirksam, wenn es vom Erblasser zurückgenommen wird, es sei denn, dass es den Vorschriften des privatschriftlichen Testaments entspricht.

Das mündliche Testament verliert seine Wirksamkeit, wenn der Erblasser in drei Monaten ununterbrochen nach Wegfall der Notlage ein Testament in anderer Form hätte errichten können.

V.    Pflichtteil

Der im Gesetz vorgeschriebene Pflichtteil beschränkt die Möglichkeit des Erblassers, in seinem Testament frei über sein Vermögen zu verfügen. Ein Pflichtteil steht den gesetzlichen Erben auch in dem Fall zu, wenn sie sich aufgrund des Testaments nicht an der Erbschaft teilhaben würden. Ungarisches Recht betrachtet den Pflichtteil als eine schuldrechtliche Forderung gegen die Erben. Deswegen wird die letztwillige Verfügung des Erblassers wegen Verletzung des Pflichtteils nicht unwirksam.

1.    Pflichtteilberechtigte und Größe des Pflichtteils (§ 665 ZGB)

Auf Pflichtteil sind die Abkömmlinge sowie der Ehegatte bzw. der registrierte Lebensgefährte und die Eltern des Erblassers berechtigt, wenn sie gesetzliche Erben des Erblassers sind, oder mangels eines Testaments gesetzliche Erben würden. Die Abkömmlinge und die Eltern haben Anspruch auf die Hälfte dessen, was ihnen als gesetzlichen Erben zustehen würde. Stünde Nießbrauch dem Ehegatten bzw. dem registrierten Lebensgefährten als gesetzlichem Erben zu, dann hat er als Pflichtteil auf einen Nießbrauch Anspruch, der seine Bedürfnisse deckt.

2.     Bemessungsgrundlage des Pflichtteils (§§ 666, 667 ZGB)

Die Bemessungsgrundlage des Pflichtteils ist der reine Nettowert des Nachlasses zuzüglich jener Zuwendungen, mit denen jemand vom Erblasser vor seinem Tod bedacht wurde. Der Grundlage werden aber die folgenden Zuwendungen nicht hinzugerechnet:

  • die der Erblasser jemandem mehr als fünfzehn Jahre vor seinem Tod zuteil werden ließ;
  • die der Erblasser jemandem hatte zuteil werden lassen, bevor die Pflichtteilberechtigung zustande kam;
  • die den gewöhnlichen Wert nicht überschreiten;
  • die dem Ehegatten bzw. registrierten Partner oder bedürftigen Abkömmlingen als Unterhalt geleistet wurden;
  • die als unentgeltlicher Unterhalt an eine bedürftige Person geleistet wurden.

3.     Haftung für den Pflichtteil (§ 669-670 ZGB)

Das Gesetz schreibt eine Reihenfolge vor, in welcher die Herausgabe des Pflichtteils gefordert werden kann. Vor allem kann die Herausgabe des Pflichtteils von denen gefordert werden, die am Nachlass beteiligt waren. Kann der Pflichtteil aus dem Nachlass nicht vollständig befriedigt werden, dann haften diejenigen – im Verhältnis des Wertes der Zuwendungen -, die von dem Erblasser innerhalb von fünfzehn Jahren vor seinem Tod eine Zuwendung erhalten haben.

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