Beeinträchtigungen des Vertragserben

Verträge, durch die sich jemand verpflichtet, ein Testament zu errichten oder nicht zu errichten, zu widerrufen oder nicht zu widerrufen, sind nichtig. Dies ist in § 2302 BGB geregelt. Von diesem Grundsatz gibt es jedoch Ausnahmen. Bei Erbverträgen und gemeinschaftlichen Testamenten kann der zukünftige Erblasser darin beschränkt sein, seinen Nachlass frei zu regeln.

Durch den Erbvertrag an sich wird der Erblasser in seiner Freiheit, über sein Vermögen zu Lebzeiten zu verfügen, nicht beschränkt. Der Erblasser kann demnach auch Verpflichtungen eingehen, die dann nach seinem Tod die Erben als sogenannte Nachlassverpflichtungen beschweren. Das heißt, der Erblasser kann Bürgschaften übernehmen. Er kann Mietverträge abschließen, die langfristig und eigentlich bei näherer Betrachtung ungünstig für ihn und später für seine Erben sind. Er kann sein Vermögen verschenken, wobei diese Schenkungen dinglich wirksam sind. Er kann aber auch Zuwendungen zugunsten Dritter auf den Todesfall vornehmen.

Es bleibt festzuhalten, dass Schenkungen des Erblassers wirksam sind. Erst nach seinem Tod können Schenkungen unter den engen Voraussetzungen des § 2287 BGB von seinen Erben rückgängig gemacht werden. Dies erscheint jedoch vielen Vertragserben nicht gerade fair, da oftmals die Beweislage nach vielen Jahren schlechter ist. Zudem beginnt die Verjährungsfrist des § 2287 BGB auch dann zu laufen, wenn der Vertragserbe nicht von der Schenkung des Erblassers weiß. Es soll deshalb im Folgenden aufgezeigt werden, wie der Vertragserbe den Schaden für sich gering halten kann.

Für den Vertragserben ist es zunächst besser, wenn er sich das Vermögen des Erblassers bereits zu dessen Lebzeiten übertragen lässt. Die Interessen des Erblassers wiederum können durch Verpflichtungen, die im Grundbuch eingetragen werden, gesichert werden.

Hiermit werden jedoch oftmals die Erblasser nicht einverstanden sein. Es stellt sich deshalb die Frage, ob der Vertragserbe bereits zu Lebzeiten des Erblassers gegen solche Schenkungen und Zuwendungen des Erblassers vorgehen kann. Auch soll die Möglichkeit geklärt werden, ob der Vertragserbe gegen den Empfänger der Schenkungen vorgehen kann.

1. Vorgehen gegen den Erblasser:

Wird zwischen zwei Parteien ein Erbvertrag geschlossen, so hat der Vertragserbe lediglich eine Erbchance. Diese Erbchance ist jedoch noch kein Anwartschaftsrecht, das durch eine Vormerkung gesichert werden kann. Auch kann der Vertragserbe die Erbchance nicht durch Arrest oder einstweilige Verfügung sichern lassen.

Will der Erblasser beispielsweise sein Grundstück verkaufen, lässt sich dies durch eine Unterlassungsklage oder einstweilige Verfügung des Vertragserben nicht verhindern. Es fehlt nämlich wegen § 2286 BGB an einem Verfügungsanspruch des Vertragserben. Einzige Ausnahme hierbei ist, dass der Vertragserbe Aufwendungen auf das Grundstück des Erblassers getätigt hat und dieser das Grundstück dann verkaufen will. In diesen Fällen steht dem Vertragserben ein Anspruch gegen den Erblasser nach den §§ 812 ff. BGB zu.

Daraus ergibt sich jedoch, dass der Vertragserbe so gut wie keine Ansprüche gegen den Erblasser hat, es sei denn im Erbvertrag ist etwas anderes vereinbart.

Eine weitere Möglichkeit ergibt sich dann, wenn sich der Erblasser und der Vertragserbe darüber streiten, ob der Erbvertrag noch besteht oder bereits rückgängig gemacht worden ist, beispielsweise durch Rücktritt oder Aufhebung. Dann können sowohl der Erblasser als auch der Vertragserbe auf Feststellung des Fortbestands bzw. der Unwirksamkeit des Erbvertrages klagen.

Der Vertragserbe kann sich auch vom Erblasser ein Vorkaufsrecht einräumen lassen.

Eine dinglich wirkende Verfügungsbeschränkung kann mit dem Erblasser wegen der Regelung des § 137 S. 1 BGB nicht vereinbart werden.

Allerdings besteht die Möglichkeit, dass der Vertragserbe mit dem Erblasser schuldrechtlich vereinbart, dass dieser ihm das Vermögen erhält und nicht über bestimmte Vermögensgegenstände verfügt. Ein solcher Vertrag ist formlos möglich. Wird dieser Vertrag jedoch zusammen mit dem Erbvertrag geschlossen, so bedarf es auch für diesen Vertrag (wie beim Erbvertrag) der notariellen Form. Diese Unterlassungspflicht kann auch nicht durch eine Vormerkung gesichert werden, es sei denn sie ist mit einem aufschiebend bedingten Übertragungsanspruch gekoppelt. Verfügt der Erblasser trotz einer solchen Vereinbarung über Vermögensgegenstände, so steht dem Vertragserben ein Schadensersatzanspruch gegen den Erblasser zu. Ist der Erblasser dabei, gegen die Unterlassungspflicht zu verstoßen und verhandelt er beispielsweise mit einem Interessenten, kann der Vertragserbe eine einstweilige Verfügung beantragen. Auch besteht die Möglichkeit das Verfügungsgebot ins Grundbuch eintragen zu lassen.

2. Vorgehen gegen den beschenkten Dritten:

Auch beim Vorgehen gegen den Dritten stehen die Chancen des Vertragserben schlecht, sich zu Lebzeiten des Erblassers erfolgreich gegen die Schenkungen und Zuwendungen zu wehren. Der Vertragserbe hat in der Regel keine Ansprüche gegen den Dritten auf Unterlassung. Grund hierfür ist, dass der Vertragserbe und der Dritte zu Lebzeiten des Erblassers noch in keinem Rechtsverhältnis zueinander stehen. Auch die Vorschriften über die unerlaubte Handlungen (§§823, 826 BGB) helfen nicht weiter. Der Vertragserbe kann daher auch keine einstweilige Verfügung gegen den Dritten beantragen, mit der dem Dritten verboten wird, die Schenkung anzunehmen.

Etwas anderes gilt jedoch hinsichtlich des sogenannten künftigen Bereicherungsanspruchs. Dieser entsteht jedoch erst nach dem Tod des Erblassers. Es wird darüber diskutiert, ob der Vertragserbe bereits zu Lebzeiten des Erblassers eine Feststellungsklage gegen den Dritten erheben kann, wenn der Erblasser etwas verschenkt, dass der Vertragserbe nach dem Tod des Erblassers vom Dritten zurückfordern kann nach § 2287 BGB. Für den Vertragserben würde diese Feststellungsklage einen erheblichen Vorteil bringen: Der Vertragserbe könnte nämlich schon zu diesem Zeitpunkt klären, ob die Voraussetzungen des § 2287 BGB vorliegen. Es würden keine Beweismittel verloren gehen und der beschenkte Dritte könnte sich auf die Herausgabe der Schenkung einrichten. Der Erblasser könnte selbst Auskunft darüber geben, ob ein lebzeitiges Eigeninteresse an der Schenkung besteht.

Andere gehen jedoch davon aus, dass die Feststellungklage des Vertragserben nicht zulässig ist mit der Begründung, dass noch kein gegenwärtiges Rechtsverhältnis bestehe und der Erblasser zudem geschützt werden müsse. Dem ist jedoch entgegen zu halten, dass die Stellung des Vertragserben beim Erbvertrag sowieso schon sehr stark ist, wenn § 2287 BGB im Erbvertrag nicht ausgeschlossen wurde und dem Erblasser kein Rücktrittsrecht eingeräumt wurde.

Weiterhin wird darüber diskutiert, ob dieser künftige Anspruch des Vertragserben aus § 2287 BGB bereits zu Lebzeiten des Erblassers durch eine Vormerkung gesichert werden kann. Teilweise wird dies Bejaht. Für den künftigen Anspruch sei bereits eine feste Grundlage vorhanden. Die überwiegende Meinung lehnt diese Möglichkeit jedoch ab, da noch kein bedingter Anspruch im Sinne des § 883 BGB vorliege.

Der künftige Anspruch kann auch nicht durch Arrest oder einstweilige Verfügung gesichert werden. Es liegt kein bedingter Anspruch vor.

Es steht dem Vertragserben frei, mit einem Dritten zu vereinbaren, dass dieser keine Zuwendungen vom Erblasser annimmt, solange dieser noch lebt, und keine Verträge mit ihm schließt, die dem Erbvertrag widersprechen. Hat der Vertragserbe eine solche Vereinbarung mit dem Dritten getroffen, dann stehen ihm bei Verletzung dieser Vereinbarung auch Ansprüche gegen den Dritten zu.

Dies zeigt, dass der Erblasser zu seinen Lebzeiten im Großen und Ganzen mit seinem Vermögen machen kann, was er will. Dem Vertragserben stehen lediglich Ansprüche zu, die er nach dem Erbfall geltend machen kann, vgl. § 2287 BGB. Die §§ 22887, 2288 BGB bieten dem Vertragserben jedoch nur einen vergleichsweise geringen Schutz.

Tanja Stier

Rechtsanwältin

Themen
Alle Themen anzeigen