Kürzlich war das OLG Köln mit folgendem Fall befasst:
Die Erblasserin und ihr Ehemann hatten in einem Erbvertrag den Sohn des Ehemannes aus erster Ehe als Alleinerben eingesetzt. Nach dem Tod des Ehemannes hatte die Erblasserin eine Kapitallebensversicherung auf den Todesfall abgeschlossen, bei der sie als begünstigten ihren Bruder einsetzte. Die Erblasserin starb und die Versicherungssumme wurde an ihren Bruder ausgezahlt. Der Stiefsohn wollte nur mehr mit seiner Klage die Herausgabe der ausbezahlten Versicherungssumme erreichen. Seinen Anspruch stützte der Stiefsohn auf § 2287 BGB.
In Rechtssprechung und Literatur ist umstritten, ob die nach dem Erbfall ausbezahlte Versicherungssumme bei einer Kapitallebensversicherung auf den Todesfall oder nur die einbezahlten Prämien dem Pflichtteilsergänzungsanspruch unterliegen.
Das OLG Köln hat entschieden, dass der Stiefsohn lediglich die von der Erblasserin aufgewandten Prämienzahlungen heraus verlangen kann, jedoch nicht die Versicherungssumme. Nach ständiger Rechtssprechung des BGH sind in den Fällen, in denen eine Lebensversicherung im Wege eines Vertrags zugunsten Dritter abgeschlossen wurde, nur die Prämien, die der Erblasser einbezahlt hat, als Schenkungen anzusehen, mit der Folge, dass auch nur diese im Rahmen des Pflichtteilsergänzungsanspruches geltend gemacht werden können. Der Pflichtteilsberechtigte ist nämlich nur insoweit schutzbedürftig, als der Erblasser Zahlungen aus seinem Vermögen getätigt hat. Dies betreffe im vorliegenden Fall jedoch nur die Prämien.
Zu einem anderen Ergebnis könne man auch nicht wegen der Rechtssprechung des IX. Zivilsenates des BGH, die in Bezug auf die Insolvenzordnung ergangen ist. Die Rechtssprechung im Zusammenhang mit der Insolvenzordnung kann nämlich nicht ohne weiteres auf den Pflichtteilsergänzungsanspruch übertragen werden.
Vom Pflichtteilsergänzungsanspruch nach §§ 2325, 2329 BGB sind also nur die Prämien, nicht aber die Versicherungssumme umfasst. Für einen auf § 2287 BGB gestützten Anspruch kann daher nichts anderes gelten. Bei §§ 2325, 2329 BGB geht es um den Schutz des Pflichtteilsberechtigten vor einer Schmälerung des Nachlasses. § 2287 BGB soll den Vertragserben vor einer böswilligen Schenkung seitens des Erblassers, die den Nachlass schmälert schützen. Demgemäß haben beide Vorschriften dieselbe Intention, nämlich den Schutz vor Schmälerung des Nachlasses. Daher kann auch für beide Fälle nur gelten, dass lediglich ein Anspruch auf die aufgewandten Prämien bestehen, nicht jedoch auf die Versicherungssumme.
Tanja Stier
Rechtsanwältin