Ein Testamentsvollstrecker wird vom Erblasser häufig eingesetzt, um sicherzustellen, dass sowohl die- oftmals arbeitsintensive- Verwaltung des Nachlasses als auch dessen Aufteilung unter den Erben von neutraler und kundiger Hand vorgenommen werden.
Es kann allerdings vorkommen, dass der Erblasser einen oder mehrere Testamentsvollstrecker eingesetzt hat und zudem einer weiteren Person hinsichtlich des Nachlasses eine so genannte postmortale Vollmacht erteilt hat. Eine solche Bevollmächtigung, deren Rechtswirkungen erst mit dem Tode des Erblassers eintreten, kann sinnvoll sein, wenn sichergestellt werden soll, dass in der Schwebezeit zwischen dem Todesfall und der Bestellung eines Testamentsvollstreckers auf Gegenstände aus dem Nachlass zugegriffen werden kann. Dies betrifft vor allem die Führung des Bankkontos des Verstorbenen. Allerdings stellt sich in diesem Zusammenhang die Frage, in welchem Verhältnis die Erteilung der Vollmacht zur Testamentsvollstreckung steht.
Diese Frage wird nicht einheitlich beantwortet. Zum Einen wird vertreten, die Vollmacht sei in ihrer Reichweite in dem Umfang beschränkt, in dem die Befugnisse der Erben nach Einsetzung des Testamentsvollstreckers beschränkt seien, da der Bevollmächtigte als Bevollmächtigter der Erben gelte. Nach anderer Auffassung soll die Bevollmächtigung nur noch solche Bereiche erfassen, die von der Testamentsvollstreckung ausgenommen sind und umgekehrt der Testamentsvollstrecker in den Bereichen, die ausdrücklich von der Vollmacht erfasst sind, sein Amt nicht ausüben dürfen. Schließlich wird noch vorgeschlagen, das Verhältnis zwischen den Befugnissen des Testamentsvollstreckers und denen des Bevollmächtigten im Wege der Auslegung der letztwilligen Verfügungen des Erblassers zu ermitteln.
Allerdings hat die Rechtsprechung mehrfach bekräftigt, dass Vollmacht und Testamentsvollstreckung grundsätzlich selbständig und unabhängig voneinander bestehen. Der Bundesgerichtshof hat klargestellt, dass beide Institute einander gerade nicht beschränken. Ergeben sich hieraus Kompetenzkonflikte, so werden diese im Zweifel zu Lasten des Bevollmächtigten gelöst werden. Denn im Gegensatz zur Testamentsvollstreckung kann eine Bevollmächtigung jederzeit von den Erben- oder im vorliegenden Fall vom Testamentsvollstrecker- frei widerrufen werden.
Solche Konflikte können aber vermieden werden, indem entweder die jeweiligen Befugnisse von Testamentsvollstrecker und Bevollmächtigtem in der letztwilligen Verfügung genau bezeichnet werden, oder der Bevollmächtigte ausdrücklich nur bis zur Bestellung des Testamentsvollstreckers, also nur für die Schwebezeit eingesetzt wird.
Stefan Seitz
Rechtsanwalt