Oftmals werden in gemeinschaftlichen Ehegattentestamenten Formulierungen verwendet, die für den Fall des „miteinander durch irgendein Ereignis Sterbens“ Anwendung finden sollen. Solche Formeln werden auch als „Katastrophenformeln“ bezeichnet. Kürzlich hat das OLG München entschieden, dass die Anordnung der Erbeinsetzung in solchen Testamenten, in denen eine „Katastrophenformel“ verwendet wird, nicht nur für den Fall gilt, dass die Ehepartner wirklich zeitgleich sterben, sondern auch für die Fälle, in denen der überlebende Ehegatte erst Jahre später stirbt.
In dem vom OLG München zu entscheidenden Fall setzte der Ehemann seine 20 Jahre jüngere Ehefrau in einem Einzeltestament zur Alleinerbin ein. Der Ehemann war bei Errichtung des Testaments bereits 73 Jahre alt und an Krebs erkrankt. Am gleichen Tag errichteten die Eheleute ein privatschriftliches Testament, das mit den Worten „sollte es Gott dem Allmächtigen gefallen, dass wir beide Ehegatten miteinander durch irgendein Ereignis sterben“ eröffnet wurde. Einen Monat später errichteten die Eheleute eine Testamentsergänzung, in der sich die Formulierung „nach unserem Tod“ und „nach unserem Ableben“ finden ließen. Kurz darauf verstarb der Ehemann.
Nach dem Tod der Erblasserin war streitig, ob die Eheleute mit der Anordnung „miteinander durch irgendein Ereignis sterben“ tatsächlich nur den Fall des gleichzeitigen Versterbens meinten.
Das OLG München entschied, dass das Testament auslegungsbedürftig sei. Es enthalte keine eindeutige Aussage darüber, ob es tatsächlich nur den Fall des gleichzeitigen Sterbens regeln wollte oder eine allgemeine Regelung der Schlusserbfolge enthalte.
Auslegungsmaßstab ist bei Testamenten allein der subjektive Wille des Erblassers. Dieser kann jedoch nicht allein nach dem Wortlaut des Testaments bestimmt werden. Als Auslegungshilfe müssen auch äußere Umstände des Einzelfalles herangezogen werden. Im vorliegenden Fall ging das OLG München davon aus, dass beispielsweise auch der erhebliche Altersunterschied der Eheleute, die bereits bekannte Erkrankung des Ehemannes sowie die weiteren Zeitangaben im Testament und im Ergänzungstestament dazu führen, dass das gemeinschaftliche Testament gerade nicht nur für den äußerst unwahrscheinlichen Fall gelten sollte, dass beide Ehepartner gleichzeitig versterben. Vielmehr spreche vieles dafür, dass das Testament auch für den Fall gelten solle, dass die Eheleute mit großem zeitlichem Abstand versterben.
Man könnte der Auffassung sein, dass die Formulierung am Anfang des Testaments „sollte es Gott dem Allmächtigen gefallen, dass wir beide Ehegatten miteinander versterben“ darauf hinweisen, dass die Eheleute das Testament tatsächlich nur für den Fall des gleichzeitigen Versterbens errichtet hatten. Dem hielt das OLG München jedoch entgegen, dass diese Formulierung dahingehend ausgelegt werden müsse, dass dies den Glauben des Testierenden bekunden sollte. Ein Hinweis darauf, dass das Testament wirklich nur für den Fall gelten solle, dass die Ehepartner gleichzeitig versterben, könne diese Formulierung jedoch nicht geben. (OLG München Beschluss vom 30.07.2008).
Solche so genannten „Katastrophenformeln“ finden sich in vielen Testamenten. Jedoch ist oftmals die erbrechtliche und zivilrechtliche Konsequenz dieser Formulierung vom Testierenden nicht gewollt. Insoweit empfiehlt es sich, sich über die Folgen solcher Formulierungen beraten zu lassen.
Tanja Stier
Rechtsanwältin