Erst wenn der Nacherbfall, der vom Erblasser bestimmt wird, eingetreten ist, wird der Nacherbe Erbe des Erblassers.
Probleme treten jedoch dann auf, wenn der Nacherbe vorzeitig, das heißt vor Eintritt der Nacherbschaft, stirbt.
In § 2108 Abs. 2 BGB ist geregelt, dass die Nacherbschaft auf die Erben des Nacherben übergeht. Dies ist jedoch nur dann der Fall, wenn der Wille des Erblassers nicht entgegensteht. Diese Rechtsposition wird auch Anwartschaftsrecht des Nacherben genannt.
Dies soll an einem Beispiel verdeutlicht werden:
Die Eheleute M setzen sich gegenseitig zu Vorerben ein. Ihre Tochter T wird als Nacherbin eingesetzt. Herr M verstirbt. Kurz nach ihm stirbt jedoch auch die Tochter T, die mit dem Schwiegersohn S verheiratet ist. Schwiegersohn S tritt demnach als alleiniger Erbe der Tochter T in deren Position ein. Er erhält zunächst ein Anwartschaftsrecht hinsichtlich der Nacherbschaft der T. Mit Tod der Frau M tritt der Nacherbschaftsfall ein und S wird zum Erben seines Schwiegervaters, Herrn M.
Der Erblasser kann jedoch die Vererblichkeit der Anwartschaft ausschließen Gesetzlich ist dies bereits dann geregelt, wenn der Nacherbfall vom Eintritt einer aufschiebenden Bedingung abhängig gemacht wurde, vgl. § 2108 BGB Abs. 2 S. 2 BGB.
Der Ausschluss der Vererblichkeit muss jedoch nicht ausdrücklich erklärt werden. Er kann sich auch aus den Umständen heraus ergeben. Für diese Fälle enthält das BGB einige Auslegungsregeln.
Wurde beispielsweise ein Abkömmling des Erblassers zum Nacherben bestimmt und sind keine weiteren Ersatzerben bestimmt, so treten wiederum die Abkömmlinge des verstorbenen Nacherben an dessen Stelle. Dies ist in § 2069 BGB geregelt. Um einen Ausschluss der Vererblichkeit anzunehmen müssten noch weitere Indizien hinzukommen.
Setzt der Erblasser jedoch ausdrücklich einen Ersatzerben an die Stelle des Nacherben, dann spricht einiges dafür, einen Ausschluss der Vererblichkeit anzunehmen. Jedoch kann man auch hier wiederum zu einem anderen Ergebnis kommen, wenn weitere Indizien hinzutreten. Dies ist eine Frage der Gesamtumstände.
Für die Praxis, das heißt für die Testamentsgestaltung, bedeutet dies, dass solange kein abweichender Erblasserwille feststellbar ist, es bei der Vererblichkeit des Anwartschaftsrechtes bleibt. Es tritt dann die Auslegungsregel des § 2069 BGB in Kraft.
In unserem Beispielsfall hat am Ende der Schwiegersohn S alles geerbt. Dies ist in der Praxis vom ursprünglichen Erblasser jedoch oftmals nicht gewollt. In den meisten Fällen wird beabsichtigt, dass das Erbe in der Familie bleibt und gerade nicht angeheirateten Familienmitgliedern zufällt. Ist dies von dem Erblasser gewollt, dann muss er also die Anwartschaft auf die Nacherbschaft, sprich die Vererblichkeit der Nacherbschaft, ausschließen. Darüber hinaus sollte jedoch auch die Veräußerlichkeit ausgeschlossen werden.
In den vorgenannten Fällen sollte in jedem Fall in das Testament mit aufgenommen werden, dass Nacherbschaftsanwartschaft nicht übertragbar, nicht verpfändbar und nicht vererblich ist.
Es empfiehlt sich jedoch, den Fall der Übertragung der Nacherbenanwartschaft an den Vorerben durch eine einvernehmliche Regelung zwischen Vorerben und Nacherben ausdrücklich zuzulassen. Damit kann die Stellung des Vorerben als unbeschränkter Erbe herbeigeführt werden. Durch diese Übertragung kann jedoch nicht in das Recht der Ersatzerben eingegriffen werden. Daher ist jedoch die Vollerbenstellung des Vorerben bedroht, falls der Nacherbe stirbt und Ersatzerbfall eintritt. Will man die Mitwirkung der Ersatzerben in dieser Konstellation umgehen, empfiehlt es sich in das Testament mit aufzunehmen, dass im Fall der Übertragung der Anwartschaft an den Vorerben eine Ersatznacherbeneinsetzung entfällt.
Tanja Stier
Rechtsanwältin