Erbrecht in Kroatien

von Savin Vaic, Rechtsanwalt

I – Quellen des Erbrechts

Die Quellen des Erbrechts in Kroatien sind: Erbgesetz, Vorschriften über die Lösung der Gesetzeskonflikte im Erbfällen, Familiengesetz, Gesetz über das Zivilverfahren, Gesetz über das Eigentum und andere Sachenrechte u.s.w.

II – Grundlegende Prinzipien des Erbrechts

a) Grundsatz der Gleichberechtigung aller natürlichen Personen im Erbfall

Dieser Grundsatz bedeutet Gleichberechtigung zwischen Mann und Frau im Erbfall, aber auch Gleichberechtigung zwischen Kroaten und Ausländern unter der Voraussetzung von Reziprozität. Reziprozität wird  für alle EU-Bürger angenommen.

b) Grundsatz der Gleichberechtigung zwischen ehelichen und außerehelichen Kindern und Ehe- und Lebenspartnern

Außerehelich geborene Kinder und ihre Nachkommen haben dieselben Erbrechte wie eheliche Kinder und ihre Nachkommen.

Außereheliche Lebenspartner haben dieselben Erbrechte wie Ehegattenn wenn:

  • zwischen dem außerehelichen Lebenspartner und dem Erblasser, d.h. dem nicht miteinander verheirateten Mann und der Frau eine außereheliche Lebensgemeinschaft bestanden hat,
  • diese außereheliche Lebensgemeinschaft längere Zeit gedauert hat und mit dem Tod des Erblassers beendet war,
  • alle Voraussetzungen für die Wirksamkeit einer Ehe erfüllt waren.

c) Grundsatz der begrenzten Anzahl von rechtlichen  Erbgrundlagen

In Kroatien ist es möglich aufgrund von zwei Grundsätzen zu erben:

  • nach dem Gesetz (gesetzliches Erbe) und
  • nach dem Testament (testamentarisches Erbe).

Falls kein Testament vorliegt wird das Erbe nach dem Gesetz geteilt.

d) Grundsatz  der Freiheit bei der testamentarischen Verfügung

Dieser Grundsatz bedeutet, dass jede Person befugt ist, für den Fall ihres Todes Erben zu benennen. Die wichtigste Begrenzung bei diesem Grundsatz ist der Pflichtteil, z.B. hat die erste Erbfolgeordnung das Recht auf den Pflichtteil in Höhe von der Hälfte des gesetzlichen Erbes.

e) Grundsatz von Kumulation der rechtlichen Erbgrundlagen

Es ist möglich, gleichzeitig testamentarisch und gesetzlich zu erben.

f) Grundsatz von Kaduzität

Kaduzität bedeutet, dass der Erblasser nach dem Tod keine Erben hat. Entweder hat der Erblasser überhaupt keine Erben oder sie sind unfähig zu erben oder sie haben  die Erbschaft ausgeschlagen.

Im Falle von Kaduzität ist der Erbnachfolger die Gemeinde bzw. die Stadt, wo sich das Erbe befindet. Die Gemeinde bzw. Stadt kann jedoch die Erbschaft nicht  ausschlagen. Die Gemeinde bzw. Stadt wird  nach  Ablauf der Frist von 6 Monaten ab der Veröffentlichung der Anzeige vom Erbe und Erblasser zum Erben. Falls sich  innerhalb  dieser Frist von 6 Monaten ein Erbe meldet, dann ist diese Person Erbe des Nachlasses. Diese Person hat das Recht, dieses Erbe auch nach der Übertragung des Erbes an die Gemeinde oder Stadt zu verlangen, aber dieses Recht verjährt  10 Jahre nach dem Tod des Erblassers gegenüber dem „ehrlichen Besitzer“ des Erbes oder 20 Jahre nach dem Tod des Erblassers gegenüber dem  „unehrlichen Besitzer“ des Erbes (objektive Fristen). Die subjektive Frist ist in beiden Fällen 1 Jahr von dem Tag an, an dem der Erbe von der Erbschaft und dem Besitzer erfahren hat.

g) Grundsatz von ex-lege-Erbe und nach dem freien Willen zu erben

Das subjektive Erbrecht wird  durch den Tod des Erblassers erworben, ohne dass der Erbe eine Willensäußerung in Bezug auf die Annahme des Erbes macht. Dieser Grundsatz wird als ex-lege-Erbe bezeichnet. Andererseits muss niemand  Erbe werden, wenn er es nicht will. Der Erbe kann frei  entscheiden, ob er  erben will oder nicht. Der Erbe kann die Erbschaft ausschlagen.

III – Grundlegende Begriffe vom Erbrecht

a) Tod

Der Tod des Erblassers wird durch den Totenschein vom Standesamt bestätigt oder durch einen Bescheid vom Gericht über die Toderklärung der vermissten Person. Dieser Bescheid vom Gericht ist präsumptio juris, also ist es möglich etwas anderes zu beweisen.

b) Erbe

Erbe ist die Person, auf die bei Beginn des Nachlassverfahrens die gesamte Erbschaft oder ihre jeweiligen Anteile übertragen werden.

Ein Kind, das bei Beginn des Nachlassverfahrens zwar noch nicht geboren, aber bereits befruchtet ist, wird als geboren angesehen, wenn es danach lebend geboren wird. Dadurch werden die Rechte vom Kind, das noch nicht geboren, aber befruchtet ist, bis es geboren ist erhalten.

Der Erbe ist der universale Rechtsnachfolger vom Erblasser, das heißt, dass alle Rechte und Pflichten auf den Erben übertragen werden.

Falls die Pflichten größer als die Rechte sind, schlagen in der Praxis die Erben das Erbe aus, und das Erbe geht auf die Gemeinde oder Stadt über.

c) Unwürdigkeit (indignitas)

Gründe für die Erbunwürdigkeit sind:

  • weil der Nachfolger eine Straftat gegen den Erblasser begangen hat
  • wegen Verstoßes gegen die Freiheit der testamentarischen Verfügungen (wenn der Erbe den Erblasser zwingt oder hindert testamentarisch zu verfügen, Fälschung des Testaments, Vernichtung oder Verstecken des Testaments, u.s.w.)
  • wenn der Erbe einen schweren Verstoß gegen die gesetzliche Unterhaltspflicht gegenüber dem Erblasser begangen hat, oder er ihm nicht die notwendige Hilfe geleistet hat, die er hätte leisten können ohne sein eigenes Leben zu gefährden, oder ihn in für dessen Leben oder Gesundheit gefährlichen Situationen ohne Hilfe gelassen hat.

Mit dem unwürdigen Erben wird so verfahren, als wäre er vor dem Erblasser gestorben. Deswegen wird im Falle des gesetzlichen Erbes der unwürdige Erbe  durch seinen lebenden Nachkömmling vertreten (Grundsatz von Repräsentation).

d) Verzicht auf das Erbe (Ausschlagen des Erbes)

Der Verzicht auf das Erbe kann nicht unter einer Bedingung erklärt werden oder nur für einen Teil vom Erbe. Der Verzicht auf das Erbe erstreckt sich nicht auf das nachträglich gefundene Erbe. Der Verzicht auf das Erbe kann nicht widerrufen, aber wegen Willensmangel angefochten werden.

Vor dem Tod des Erblassers kann man die Erbschaft nicht wirksam ausschlagen. Ausnahmsweise kann ein Erbe durch einen Vertrag mit dem Erblasser auf sein Erbe verzichten. Dieser Vertrag wird am Gericht verfasst oder beim Notar durch den Notarakt.

Wenn der Erbe die Erbschaft ausgeschlagen hat, dann hat er auch keine Möglichkeit, einen Pflichtteil zu erben.

e) Verantwortung des Erben für die Schulden des Erblassers

Der Erbe übernimmt neben den Rechten auch die Schulden des Erblassers, aber nur bis zur Höhe des Erbes, das er übernommen hat. Er haftet für diese Schulden mit dem Erbe, aber auch mit seinem eigenen Vermögen.

Ein Grundsatz ist, dass der Erbe wegen der Erbschaft nicht in eine schlechtere Lage kommen soll.

f) Vermächtnis-Nehmer

Der  Vermächnis-Nehmer ist ein singulärer Rechtsnachfolger. Er ist eine Person, die aus dem Erbe nur eine genau bestimmte Sache bzw. Recht bekommt.

Das Vermächtnis (Legat) kann durch Bedingung, Frist oder Auftrag belastet werden. Es kann auch durch ein Sublegat belastet werden. Dadurch darf aber nicht der erbrechtliche Pflichtteil belastet werden.

Der Vermächnis-Nehmer haftet nicht für die Schulden vom Erblasser. Ausnahmsweise, wenn es  im Testament anders geregelt ist, haftet der Vermächtnis-Nehmer für die Schulden vom Erbe, aber nur bis zur Höhe des Vermächtnisses.

Mit dem Tod des Erblassers hat der Vermächtnis-Nehmer schuldrechtlichen Anspruch gegen den Erben. Das Eigentum am Vermächtnis bekommt der Vermächtnis-Nehmer aber erst, wenn ihm es der Erbe  überträgt.

g) Nachlassvermögen

Das Nachlassvermögen bilden unter anderem auch alle Immobilien des Erblassers. In der Praxis besteht ein Problem, wenn die Erben keine Kenntnisse haben, wo genau alle Immobilien liegen, denn es besteht kein einheitliches Register aller Immobilien in Kroatien. Es ist möglich, in jedem Grundbuchamt zu überprüfen, ob der Erblasser dort eine Immobilie hatte. Aber es ist nicht möglich in einem Grundbuchamt Informationen über alle Immobilien des Erblassers aus allen kroatischen Gemeinden und Städten zu bekommen.

Ein anderes Problem, das in der Praxis bezüglich der Immobilien besteht, ist, dass viele Eintragungen von Kroaten, die ins Ausland ausgewandert sind, nicht  mit den Personalien aus ihrem Pass oder Personalausweis übereinstimmen. So steht z.B. im Grundbuchamt als Name des Eigentümers „Aleksander Katica“, während in der Todesurkunde aus Deutschland „Alexander Kata“ eingetragen ist.

Mit solchen Daten ist es unmöglich das Nachlassverfahren einzuleiten, das Erbe unter den  Erben aufzuteilen und es im Grundbuchamt  registrieren zu lassen, da nicht eindeutig ist, dass es sich um ein und dieselbe Person handelt.

Die Identität wird dann durch andere öffentliche Urkunden nachgewiesen, wie z.B. der Heiratsurkunde oder der Geburtsurkunde. Fast nie haben diese Personen offiziell den Namen bei der Polizei geändert, weswegen es keinen Bescheid über die Namensänderung gibt. Normalerweise wurden bei der Auswanderung ins Ausland  die Namen durch die offiziellen Behörden  an die lokalen Namen des Einwanderungslandes angepasst.

Die letzte Möglichkeit, dieses Problem zu beheben, ist durch eidesstattliche Erklärung beim Notar, dass es sich um nur eine Person handelt.

IV – Gesetzliches Erbrecht

1 – Allgemein

Gesetzliches Erbrecht wird angewandt, wenn kein Testament vorliegt. Dann wird das Erbe aufgrund gesetzlich festgestellter Tatsachen geteilt.

Gesetzliches Erbrecht wird angewandt:

a)    wenn nach dem Tod des Erblassers kein Testament vorhanden ist, das Testament  nichtig ist oder in dem Testament nicht über das gesamte Erbe verfügt wird.
b)    wenn der testamentarische Erbe vor dem Erblasser gestorben ist, das  Erbe ausschlägt oder er bei Beginn des Nachlassverfahrens unwürdig war.

Alle gesetzlichen Erben werden in eine gewisse Erbfolgeordnung eingeteilt. Grundlagen zum Erben nach dem Gesetz sind folgende Tatsachen:

  • Verwandtschaft
  • Ehe
  • außereheliche Beziehung
  • Adoption

a) Verwandtschaft

Blutsverwandtschaft ist die Beziehung von zwei oder mehreren Personen zueinander durch Abstammung – entweder der einen von der anderen oder von gemeinsamen Vorfahren. Blutsverwandtschaft wird nach Linien und Graden eingeteilt.

Es gibt zwei Linien: Die senkrechte (linea recta) und die seitliche (linea transversa). Die senkrechte Linie bilden Personen bei der die eine von anderen abstammt, also Vorfahren (ascedenti) und Nachkommen (descedenti). Die seitliche Linie bilden Personen, die von dritten Personen als gemeinsamen Vorfahren abstammen und nicht die eine von der anderen.

Innerhalb einer Linie werden die Verwandten nach Graden gemäß der Regel eingeteilt: „Wieviele Geburten, soviele Grade“ (quot generationes tot gradus), z.B. sind Geschwister im zweiten Grad verwandt.

b) Ehe

Ehe ist durch Gesetz geregeltes Gemeinschaftsleben zwischen Mann und Frau.

c) Außereheliche Beziehung

Eine außereheliche Beziehung ist auch Grundlage für gesetzliches Erben. Außereheliche Lebenspartner sind mit den ehelichen gleichgestellt. Nach dem Erbgesetz ist eine außereheliche Lebensgemeinschaft diejenige zwischen nicht miteinander verheiratetem Mann und Frau, die längere Zeit dauerte und mit dem Tod des Erblassers endete, unter der Bedingung, dass alle Voraussetzungen für die Wirksamkeit einer Ehe erfüllt waren.

Wenn die außereheliche Lebensgemeinschaft vor dem Tod des Erblassers endete, besteht keine Möglichkeit gesetzlich zu erben.

Nach dem Familiengesetz werden vermögensrechtliche Auswirkungen der außerehelichen Gemeinschaft anerkannt, wenn diese Gemeinschaft mindestens drei Jahren gedauert hat. Ausnahmsweise sind diese Auswirkungen anerkannt, wenn sie weniger als drei Jahren gedauert hat, aber ein gemeinsames Kind geboren ist.

d) Adoption

Adoption ist eine Beziehung, welche auf dem Adoptionsakt eines fremden, minderjährigen Kindes beruht.

Adoption kann als:

  • verwandtschaftliche Adoption oder als
  • elterliche Adoption gegründet werden.

Durch die verwandtschaftliche Adoption entsteht eine unzerbrechliche Verwandtschaftsbeziehung zwischen dem Adoptierenden und seinen Verwandten einerseits und dem Adoptivkind und seinen Nachkommen andererseits und allen Rechten und  Pflichten, die daraus hervorgehen. Gleichzeitig enden alle gemeinsamen Rechte und Pflichten zwischen dem Adoptivkind und seinen Blutsverwandten.

Durch elterliche Adoption wird nicht das verwandtschaftlichte Verhältnis hergestellt, sondern zwischen dem Adoptierenden einerseits und dem Adoptivkind und seinen  Nachkommen andererseits werden Rechte und Pflichten begründet, die von Rechts
wegen zwischen Eltern und Kindern bestehen.

Nach dem Familiengesetz ist nur noch verwandtschaftliche Adoption möglich.

2 – Grundsätze von gesetzlichem Erbe

Gesetzliche Erben berufen sich auf die gesetzliche Erbfolgeordnung. Nach dem Erbgesetz gibt es vier Erbfolgeordnungen, wobei theoretisch unbegrenzte Erbfolgeordnungen bestehen können.

a) Grundsatz von Ausschließlichkeit (succesio ordinum)

Erben einer näheren Erbfolgeordnung schließen Personen fernerer Erbfolgeordnungen aus dem Erbe aus.

Eine Ausnahme davon ist, wenn aus der ersten Erbfolgeordnung nur der Ehegatte als einziger Erbe des Erblassers vorhanden ist, weil keine Kinder da sind; dann  bekommt der Ehegatte nicht das gesamte Erbe, sondern erbt zusammen mit den Eltern des Erblassers in zweiter Erbfolgeordnung. Falls es aber in der ersten Erbfolgeordnung Kinder gab, kann der Ehegatte als einziger Nachfolger erben,  wenn alle Kinder auf das Erbe verzichten.

b) Grundsatz von Repräsentanz

Der Grundsatz von Repräsentanz bedeutet, dass den Vorfahren, der vor dem Erblasser gestorben ist, sein lebender Nachkomme vertritt. Dieser Grundsatz findet nur in den ersten drei Erbfolgeordnungen Anwendung, weil in der vierten die Nachkommen überhaupt nicht erben.

c) Grundsatz von Zuwachs (Akrescenzia)

Nach diesem Grundsatz bekommt ein Erbe den Teil eines anderen Miterben, wenn dieser Miterbe entfällt und beide denselben Verwandtschaftsgrad und dieselbe Qualität besitzen. Dieser Grundsatz wird nur angewandt, wenn der Grundsatz der Repräsentanz nicht anwendbar ist.

d) Grundsatz von Übertragung (Transmisia)

Der Grundsatz von Übertragung bedeutet, dass ein Nachkomme, der nach dem Erblasser gestorben ist, selbst zum Erblasser wird und seine Rechte auf seine eigenen Nachfolger überträgt.

3 – Erbfolgeordnungen

a) Erste Erbfolgeordnung

Die erste Erbfolgeordnung bilden die Nachkommen, das Adoptivkind und seine Nachkommen, und der Ehegatte oder außereheliche Lebenspartner des Erblassers. Erben der ersten Erbfolgeordnung teilen das Erbe zu gleichen Teilen.

b) Zweite Erbfolgeordnung

Die zweite Erbfolgeordnung bilden der Ehegatte bzw. außereheliche Lebenspartner des Erblassers, seine Eltern und Geschwister mit Nachkommen. Die zweite Erbfolgeordnung wird angewandt falls der Erblasser keine Kinder hatte. Die Erben in zweiter Erbfolgeordnung teilen das Erbe so, dass eine Hälfte die Eltern bekommen und die andere der Ehegatte des Erblassers. Falls beide Eltern  vor dem Tod des Erblassers gestorben sind, bekommt der Ehegatte das ganze Erbe.

c) Dritte Erbfolgeordnung

Die dritte Erbfolgeordnung bilden Großväter und Großmütter. Dabei erben Großvater und Großmutter  väterlicherseits die eine Hälfte und die andere Hälfte Großmutter und Großvater mütterlicherseits.

d) Vierte Erbfolgeordnung

Die vierte Erbfolgeordnung bilden Urgroßväter und Urgroßmütter. Eine Hälfte bekommen Urgroßvater und Urgroßmutter väterlicherseits und die andere Hälfte  Urgroßvater und Urgroßmutter mütterlicherseits.

V – Testamentarisches Erbrecht

Das Testament ist der letze Wille des Erblassers, wodurch er über sein Vermögen im Todesfall verfügt.

1 – Formen von Testament

Das Testament kann errichtet werden als:

–    handschriftliches Testament
–    schriftliches Testament vor Zeugen
–    mündliches Testament vor Zeugen
–    öffentliches Testament

a) Handschriftliches Testament (holographisches Testament)

Das handschriftliche Testament ist eine Erklärung, die der Erblasser alleine eigenhändig geschrieben und unterzeichnet hat.

b) Schriftliches Testament vor Zeugen (alographisches Testament)

Diese Form von Testament kann nur ein Erblasser verfassen, der lesen und schreiben kann und zum Zeitpunkt des Verfassens auch physisch in der Lage ist zu lesen und zu schreiben.

Ein alographisches Testament wird durch eine dritte Person nach Anweisung des Erblassers abgefasst. Der Erblasser muss eine solche Urkunde vor zwei Zeugen unterschreiben, mit der Aussage, dass diese Urkunde, die er unterschreibt, sein Testament bildet. Danach unterschreiben die Zeugen dieses Testament. Beide Zeugen müssen gleichzeitig anwesend sein, sonst ist dieses Testament unwirksam.

c) Mündliches Testament

Ein mündliches Testament kann nur in außerordentlichen Situationen gemacht werden, wenn der Erblasser nicht in der Lage ist, in anderer Form sein Testament zu machen. Dieses Testament wird vor zwei gleichzeitig anwesenden Zeugen verfasst, indem der Erblasser mündlich seinen letzten Willen äußert. Das mündliche Testament gilt nur bis 30 Tage nach dem Ende der außerordentlichen Umstände unter welchen es verfasst wurde (wie z.B. großes Unwetter am Schiff, Krieg).

d) Öffentliches Testament

Ein öffentliches Testament kann im Auftrag des Erblassers eine gesetzlich bevollmächtigte Person errichten. Bevollmächtigte Personen dafür sind: Richter des  Amtsgerichts, richterliche Beisitzer des Amtsgerichts, Notare, Konsulen oder Botschafter Kroatiens im Ausland.

2 – Zeugen des Testaments

Zeugen können nur volljährige und geschäftsfähige Personen werden, die lesen und schreiben können. Beim mündlichen Testament müssen die Zeugen auch die Sprache verstehen, in welcher der Erblasser sein Testament äußert.

Zeugen können keine Personen werden, die sich im Interessenkonflikt befinden, wie z.B. Nachkommen, Adoptivkind und seine Nachkommen, seine Vorfahren und Adoptiveltern, Verwandschaft bis zum vierten Grad in der Seitenlinie, alle Ehegatten.

Zeugen und ihre Verwandten dürfen keinerlei Nutzen aus dem Testament haben. Eventuelle derartige Bestimmungen im Testament sind nichtig.

3 – Widerruf des Testaments

Der Erblasser kann sein Testament immer widerrufen. Der Widerruf kann durch folgende Modalitäten stattfinden:

  • Vernichtung der Testamentsurkunde
  • Widerrufsaussage
  • Verfassung eines neuen Testaments
  • durch konkludente Handlungen (z.B. dass der Erblasser zu seinen Lebzeiten anders verfügt)

4 – Unwirksamkeit des Testaments

Gründe für die Nichtigkeit des Testaments sind Unfähigkeit des Erblassers und Unmöglichkeit oder Unzulässigkeit des Inhalts. Gründe für die Anfechtung des Testaments sind Willensmängel, Formmängel, Verfügungen, die dem Recht auf den Pflichtteil vom Erbe entgegengesetzt sind.

a) Unfähigkeit des Erblassers

Der Erblasser muss nach dem Gesetz mindestens 16 Jahre alt und urteilsfähig sein, um ein Testament verfassen zu können .

b) Unmöglichkeit und Unzulässigkeit des Inhalts

Ein solcher Inhalt ist z.B., wenn der Erblasser den Erben vom Erben oder Vermächtnis-Nehmer bestimmt oder Verfügungen macht zugunsten des Richters, der dasTestament verfasst hat, oder der Zeugen des Testaments oder Ihrer Erben oder Ehegatten.

Normalerweise kommt es in solchen Fällen zur Teilnichtigkeit des Testaments.

c) Willensmängel

Willensmängel beim Erblasser sind, wenn er unter Drohung oder mit Gewalt gezwungen wird das Testament zu verfassen oder einem Betrug oder Irrtum erlegen ist.

Die Anfechtungsklage kann erhoben werden innerhalb eines Jahres nach Kenntnisnahme vom Willensmangel (subjektive Frist) und bis zu zehn Jahre nach der Testamentseröffnung (objektive Frist). Gegen den Verursacher der Willensmängel oder denjenigen, der von den Mängeln wusste oder wissen musste, gilt die objektive Frist zwanzig Jahre ab Testamentseröffnung.

d) Formmängel

Die Anfechtungsklage kann erhoben werden innerhalb eines Jahres nach Kenntnisnahme der Formmängel (subjektive Frist) und zehn Jahren ab  Testamentseröffnung (objektive Frist).

e) Verfügungen, die dem Recht auf den Pflichtteil entgegengesetzt sind

Der Erbe des Pflichtteils kann innerhalb von drei Jahren ab Testamentseröffnung eine Minderung der testamentarischen Verfügungen verlangen, durch die sein Pflichtteil verletzt wird.

VI – Erbrechtliche Verträge

Verträge mit erbrechtlichen Auswirkungen sind:

  • Vertrag über die Vermögensabtretung und Vermögensverfügung zu Lebzeiten
  • Vertrag über lebenslangen Unterhalt
  • Vertrag über Unterhalt bis zum Tod

1 – Vertrag über die Vermögensabtretung und Vermögensverfügung zu Lebzeiten

Der Vertrag über die Vermögensabtretung und Vermögensverfügung zu Lebzeiten wird zwischen dem Vorfahren (Abtreter) und seinen Nachkommen geschlossen, wodurch der Vorfahr seinen Nachkommen das gesamte oder einen Teil des bestehenden Vermögens aufteilt und abtritt.

Für die Wirksamkeit dieses Vertrages ist die Zustimmung aller Kinder und der übrigen Nachkommen, die nach dem Gesetz den Abtreter beerben können, nötig. Dieser Vertrag kann auch den Ehegatten einschließen. Dieser Vertrag ist inter vivos geschlossen, er ist in der Regel unentgeltlich, kann aber auch entgeltlich sein, und er ist widerrufbar.

Ein abgetretenes Vermögen wird nicht in den Erbteil miteingerechnet und auch nicht bei der Errechnung des Pflichtteils berücksichtigt. Wenn einer der Nachkommen die Abtretung nicht unterschreibt,  kommt es zur ex lege Umwandlung in eine Schenkung. Dann wird es beim Erbe und beim Pflichtteil mitangerechnet.

Die Abtretung und Verfügung muss beim Gericht oder Notar schriftlich verfasst und beglaubigt werden. Die Nachkommen haften nicht für die Schulden des Abtreters, es sei denn, sie haben eine solche Verpflichtung mit dem Vertrag der Abtretung und Verfügung übernommen.

2 – Vertrag über den lebenslangen Unterhalt

Durch den Vertrag über den lebenslangen Unterhalt verpflichtet sich die eine Seite (Unterhaltsgeber) lebenslang die andere Seite oder eine dritte Person (Unterhaltsnehmer) zu unterhalten, während die andere Seite äußert, dass sie ihr das gesamte Vermögen oder einen Teil davon abtritt, wobei die Übertragung des Eigentums an Sachen und Rechten bis zum Tod des Unterhaltsnehmers hinausgeschoben wird.

Dieser Vertrag ist zweiseitig, entgeltlich und streng formal. Er muss beim Gericht oder beim Notar als Urkunde abgefasst werden.
Der Unterhaltsgeber haftet nicht für die Schulden des Unterhaltsnehmers nach dessen Tod, außer sie haben es anders vereinbart.

3 – Vertrag über den Unterhalt bis zum Tod

Durch den Vertrag über den Unterhalt bis zum Tod verpflichtet sich die eine Seite (Unterhaltsgeber), die andere Seite oder eine dritte Person bis zum Tod (Unterhaltsnehmer) zu unterhalten, und die andere Seite verpflichtet sich der ersteren zu Lebzeiten ihr gesamtes Vermögen oder einen Teil davon zu übertragen.

Analog werden Vorschriften vom Vertrag über den lebenslangen Unterhalt angewendet. Der wichtigste Unterschied ist, dass aufgrund dieses Vertrags das Vermögen inter vivos übertragen wird und beim Vertrag über den lebenslangen Unterhalt das Vermögen in mortis causa übertragen wird.

Falls der Unterhaltsgeber vor dem Unterhaltsnehmer stirbt, gehen alle Rechte und Pflichten aus dem Vertrag  auf die Nachkommen über. Falls die Nachkommen des Unterhaltsgebers sie nicht annehmen, wird der Vertrag ex lege aufgelöst. Die Nachkommen haben dann kein Recht auf Rückerstattung des Unterhalts der bis dahin geleistet worden war und müssen dem Unterhaltsnehmer alles zurück übertragen,  was der Unterhaltsgeber aufgrund des Vertrags erworben hatte.

Falls die Nachkommen des Unterhaltsgebers nicht im Stande sind, die Pflichten aus dem Vertrag zu übernehmen, dann haben sie ein Recht auf die Rückerstattung des Unterhalts der bis zur Vertragsauflösung geleistet war, aber sind verpflichtet, alles zurück zu übertragen, was der Unterhaltsgeber aufgrund des Vertrags erworben hatte.

In der Praxis wurde dieser Vertrag am häufigsten missbraucht. Oft haben wohlhabende Kroaten und Ausländer solche Verträge mit älteren Personen, die Häuser am Meer hatten, geschlossen und sind so gleich Eigentümer davon geworden. Danach hatte der Unterhaltsnehmer, auch wenn ihn der Unterhaltsgeber nicht angemessen bis zum Tod versorgt hat, nur die Möglichkeit, gegen die Wirksamkeit  dieses Vertrags eine Klage anzustrengen. Das Problem ist dann immer,  dass solche Verfahren mindestens 5 bis 10 Jahre am Gericht dauern und hohe Kosten verursachen, die die Unterhaltsnehmer nicht tragen können. Oft auch sterben sie, bevor das Urteil rechtskräftig wird. Solche Unterhaltsnehmer haben oft keine nähere Verwandtschaft, die diese Verträge anfechten könnte und so bekommen die Unterhaltsgeber solche Immobilien am Ende fast kostenlos.

VII – Steuern und Kosten

Noch immer ist in Kroatien die erste Erbfolgeordnung  von der Immobilienverkehrsteuer befreit. Es besteht auch keine andere Steuer auf das Erbe oder Vermögen. Deswegen kann die erste Erbfolgeordnung  durch Testament, Urteil, notariellen Bescheid oder Vertrag steuerfrei das gesamte Vermögen des Erblassers bekommen.

Für alle anderen Nachkommen kommt nur die Immobilienverkehrsteuer in Frage, falls sie die Immobilie in Kroatien erben, welche 5 % vom Immobilienwert  beträgt.

Alle unstrittigen Erbsachen werden vom Gericht an die Notare überwiesen. Wenn das Vermögen des Erblassers größer ist als etwa 40.000,00 Euro, dann betragen die Notarkosten in etwa 400,00 Euro (d.i. der höchste Notartarif in Erbsachen). In der Praxis belaufen sich die Notarkosten fast immer auf etwa 400,00 Euro, da fast immer mindestens eine Immobilie vererbt wird.

In Kroatien gibt es keinen Anwaltszwang. Deswegen können sich die Erben auch alleine vertreten. Wenn sie durch einen Rechtsanwalt vertreten werden, wird der Rechtsanwaltstarif  abhängig von der Komplexität des Erbfalls vereinbart.

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