Internationales Erbrecht: Madagaskar
Abschnitt 1: Einführung
Das madagassiche Erbrecht orientiert sich sehr stark an französischen Vorbildern und Texten, da Madagaskar längere Zeit von dieser Kolonialmacht beherrscht wurde. Trotz sämtlicher eingeführter Reformen ist das Familien-, Erb- und Personenstandrecht stets durch den unmittelbar nach der Unabhängigkeit geschaffenen Normenbestand geprägt. Das madagassische Erbrecht bemüht sich zusätzlich traditionelle Grundsätze aufrechtzuerhalten und auf ihnen aufzubauen. Wie auch in vielen anderen Ländern, gibt es zwei Arten der Erbfolge: „die gesetzliche Erbfolge in Ermangelung eines Testaments [und] die Kraft eines Willensaktes des Verstorbenen anfallende oder testamentarische Erbfolge.“ (Art. 2 ErbGSTZ)
Abschnitt 2: Gesetzliche Erbfolge
Für den Fall, dass kein Testament vorliegt oder der Nachlass nicht ordnungsgemäß geregelt wurde, werden die Erben in der folgenden Reihenfolge berufen: Kinder, Enkel, Eltern, Geschwister, Neffen, Onkel/Tanten, Vettern/Cousinen, Ehegatte, Staat. Kinder erben beim Versterben ihrer Eltern die Hälfte des Nachlasses. Bei Abwesenheit von Erben der ersten Klasse empfangen Erben der zweiten oder dritten Klasse die Gesamtheit des Erbes. Ein weiterer bedeutender Grundsatz des madagassischen Erbrechts ist als „paterna paternis, materna maternis“ bekannt. Dieses Gesetz (Art. 20 Abs. 1 ErbGSTZ) besagt, dass Vermögensgegenstände, welche aus väterlicher Linie stammen, nicht an die mütterliche Linie fallen und umgekehrt.
Abschnitt 3: Testamentarische Erbfolge
Laut des Gesetzes Art. 25 ErbGSTZ ist jeder volljährige, madagassiche Bürger, welcher im Vollbesitz seiner geistigen Kräfte ist, dazu berechtigt testamentarisch festzulegen, wer nach seinem Versterben über sein Vermögen und die persönlichen Gegenstände verfügt. In Madagaskar gibt es vier bekannte Formen eines Testaments: das handschriftliche, geheime oder öffentlich beurkundete Testament und das Nottestament. Die drei erst genannten Formen werden alle gleich angesehen und interpretiert, das Nottestament, jedoch, erlaubt nur eingeschränkte Verfügungen.
Abschnitt 4: Pflichtteilsansprüche
Sollte der Verstorbene, ob still schweigend oder ausdrücklich, minderjährige Mitglieder der ersten, bzw. zweiten Klasse von seinem Nachlass ausgeschlossen haben, so haben diese einen sogenannten Pflichtteilsanspruch. Wird eine entsprechende Klage eingereicht, so darf der letztendlich beschlossene Erbanteil nicht größer sein als der Anteil, den die Kläger „bei Fehlen eines Testaments erhalten würden.“ (Art. 55 ErbGSTZ)
Abschnitt 5: Kollisionsrecht
In zahlreichen Erbfällen kommt es zu einer Kollision zwischen zwei Erbrechtsordnungen zweier Länder. In einem solchen Fall bestimmt das Kollisionsrecht, welches Recht angewandt werden soll. Bezüglich des Sachrechts, richten sich Sachen und auch unbeweglich Nachlässe (Immobilien) nach dem Recht am Ort ihrer Belegenheit. Hat ein Bürger mehrere Wohnsitze, so wird der Hauptaufenthaltsort als offizieller Wohnsitz angesehen.