Was vielen gänzlich unbekannt ist, ist, dass im Rahmen einer rechtlichen Betreuung sogar die Anordnung getroffen werden kann, dass ein Betreuer zur Entgegennahme, zum Öffnen und Anhalten von Post befugt. Das heißt für die Praxis, dass der Betreuer die Post an sich weiterleiten lassen kann. Der Betreuer kann in seinen Besitz gelangte Schriftstücke, die an den Betreuten gerichtet sind, öffnen und deren Inhalt zur Kenntnis nehmen, auch ohne dass die Einwilligung des Betreuten vorliegt. Ist auch das Anhalten von Post angeordnet, kann der Betreuer die ausgehende Post des Betreuten an sich nehmen. Inwieweit der Betreuer von diesen Möglichkeiten Gebrauch macht, hat er einzelfallbezogen gewissenhaft zu prüfen. Die Entscheidung obliegt ihm in eigener Verantwortung.
Dies bedeutet gravierende Einschnitte in das Allgemeine Persönlichkeitsrecht und in das im Grundgesetz garantierte Post-, Brief- und Fernmeldegeheimnis. Der Betreute wird durch eine solche Anordnung jeglicher Privatsphäre beraubt. Der Betreute kann nicht einmal mehr Briefe von seinen engsten Familienangehörigen empfangen, ohne dass diese vom Betreuer gelesen werden. Im schlimmsten Fall bedeutet dies die völlige gesellschaftliche Isolation des Betreuers.
Ganz besonders bedenklich ist zudem, dass die Vorrausetzungen, unter denen der Betreuer den Postverkehr regeln kann, im Gesetz nicht genannt sind. Das Gericht prüft insoweit, ob die Entgegennahme, das Öffnen und Anhalten der Post erforderlich und sachgerecht im Sinne des § 1896 Abs. 2 BGB ist. Hiervon kann dann sowohl die vom Betreuten ausgehende Post als auch die eingehende Post betroffen sein. Damit unterliegt die Anordnung den Post- und Briefverkehr betreffend der völligen Willkür eines einzelnen Amtsrichters.
Noch erschreckender ist allerdings, der Betreuer auch ohne dass ihm die Postkontrolle übertragen wurde, unter bestimmten Voraussetzungen die Möglichkeit hat, die Post zu kontrollieren. So kann der Betreuer Briefe, die bereits geöffnet sind, ohne dass er sich strafbar macht, lesen und an sich nehmen, wenn er den Inhalt der Briefe, die an den Betreuten gerichtet sind kennen muss, um seine Aufgabe sachgerecht zu erfüllen. Sind die Briefe verschlossen, so darf der Betreuer die Briefe dann öffnen, wenn die Einwilligung des Betreuten hierzu vorliegt. Für eine wirksame Einwilligung ist jedoch erforderlich, dass der Betreute die Bedeutung des Postgeheimnisses erkennen und danach entscheiden kann. Zwar ist die Geschäftsfähigkeit keine Voraussetzung, allerdings muss eine natürliche Einsichtsfähigkeit in das Postgeheimnis gegeben sein. Möglich ist in gewissen Fällen auch eine mutmaßliche Einwilligung anzunehmen. Der Betreuer kann auch Geschäftspartner und sonstige Dritte bitten, den Schriftverkehr direkt mit ihm zu führen.
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