Das estnische Recht geht von einem Vorrang der testamentarischen Bestimmung der Erben aus. Verstirbt ein Erblasser, ohne ein Testament verfasst zu haben, greift die gesetzliche Erbfolge ein.
Erbrecht der Verwandten
Verwandte des Erblassers werden in drei Ordnungen unterschieden. Vorrangig sind Kinder erbberechtigt. Bei mehreren Kindern erhält jedes den gleichen Anteil, wobei an die Stelle eines verstorbenen Kindes dessen Nachfahren treten. Adoptierte Kinder sind mit leiblichen Kindern gleichgestellt, sie erben nur nach dem Tod der Adoptiveltern. Auch eheliche und uneheliche Kinder sind gleichgestellt, sofern die Abstammung rechtlich festgestellt wurde.
Sind keine Erben der ersten Ordnung vorhanden, fällt je die Hälfte des Nachlasses an Vater und Mutter des Erblassers. Ist ein Elternteil verstorben, treten dessen Kinder (d.h. Geschwister des Erblassers) und weitere Nachfahren an seine Stelle. In dritter Ordnung erben Großeltern und deren Abkömmlinge.
Erbrecht des Ehepartners
Der überlebende Ehepartner eines verheirateten Erblassers kann Erbe werden, sofern die Ehe im Zeitpunkt des Todes weder ungültig noch gesetzlich geschieden war. Er erbt neben Kindern des Erblassers grundsätzlich genauso viel wie jedes Kind, mindestens aber zu einem Viertel. Sind mehr als drei Kinder vorhanden, müssen die übrigen ¾ des Nachlasses zwischen den Kindern zu gleichen Teilen aufgeteilt werden. Der Erbteil des verwitweten Partners beträgt dagegen die Hälfte der Erbschaft, wenn Erben zweiter Ordnung oder Großeltern leben. Der Anteil eines vorverstorbenen Großelternteils fällt in diesem Fall allerdings nicht an dessen Abkömmlinge, sondern an den Ehepartner. Von großer Bedeutung für die Verteilung des Nachlasses eines verheirateten Erblassers ist zudem das Ehegüterrecht, sodass vorrangig ermittelt werden muss, ob ein Ehevertrag geschlossen wurde oder gesetzliches Güterrecht gilt und welche Vermögenswerte getrenntes bzw. gemeinsames Vermögen der Partner sind.