Pflichtteilsrechte nach österreichischem Erbrecht

Der Erblasser kann durch letztwillige Anordnungen bestimmen, wer Erbe werden soll. In diesem Fall können aber den übergangenen gesetzlichen Erben Pflichtteilsansprüche zustehen.

Pflichtteilsberechtigte Personen
Pflichtteilsrechte können zugunsten der Vorfahren, Nachkommen und Ehepartner des Verstorbenen bestehen, sofern sie im konkreten Fall nach der gesetzlichen Erbfolge zu Erben berufen gewesen wären. Kinder und Ehepartner sind daher stets pflichtteilsberechtigt, Vorfahren, Enkelkinder und weitere Nachkömmlinge nur, wenn sie nicht durch vorrangige Erben verdrängt werden.

Höhe des Pflichtteils
Durch den Pflichtteil erhält der Berechtigte einen Geldanspruch, der sich wertmäßig auf die Hälfte (bei Vorfahren: ein Drittel) dessen beläuft, was ihm bei Eintritt der gesetzlichen Erbfolge zugestanden hätte. Bei der Berechnung ist das gesamte Vermögen des Erblassers im Zeitpunkt des Todestages (also das aktive Vermögen abzüglich Schulden) zugrunde zu legen, von dem aber auch bestimmte Kosten, z.B. für das Begräbnis, Nachlassverwaltung und Sachverständige, abgezogen werden können. Nachträgliche Vermögensänderungen durch Erträge und Wertschwankungen können bis zum Zeitpunkt der endgültigen Festlegung der Pflichtteilsansprüche durch gerichtliches Urteil oder Übereinkommen berücksichtigt werden.
Hat der Pflichtteilsberechtigte indes bestimmte Zuwendungen vom Verstorbenen erhalten, z.B. Schenkungen zu Lebzeiten des Erblassers, bei denen übereinstimmend eine Anrechnung auf den Pflichtteil vereinbart worden ist, mindern diese seinen Pflichtteil. Nachkommen müssen zudem Aufwendungen zur Bezahlung von Schulden eines volljährigen Kindes und Aufwendungen des Erblassers für die Heiratsausstattung und Berufsausbildung gegen sich gelten lassen. Dies betrifft auch Zuwendungen, die nicht an den erbberechtigten Nachkommen selbst, sondern an dessen vorverstorbene Vorfahren geleistet worden sind. Auch das Vorvermächtnis des überlebenden Ehepartners ist auf dessen Pflichtteil anzurechnen.

Schenkungen
Der Erblasser soll die Pflichtteilsansprüche seiner gesetzlichen Erben auch nicht dadurch umgehen können, dass er sein Vermögen schon zu Lebzeiten anderen zuwendet. Daher können bestimmte Schenkungen auf Antrag der Kinder oder Ehepartner rechnerisch dem Nachlass zugerechnet werden. Auf der Grundlage dieses „fiktiven“ Nachlasses sind dann die Pflichtteilsansprüche zu berechnen. Reicht der tatsächlich vorhandene Nachlass zur Befriedigung dieser Ansprüche nicht aus, kann der Rest vom Empfänger der anrechnungspflichtigen Geschenke verlangt werden.
Ob die Schenkungen an pflichtteilsberechtigte Personen oder Dritte erfolgt sind, spielt keine Rolle. Während Schenkungen an Pflichtteilberechtigte aber unbegrenzt anzurechnen sind, sind Schenkungen an Dritte nur einzubeziehen, wenn sie im Todeszeitpunkt weniger als zwei Jahre zurückliegen. Eine Anrechnung kann im Übrigen unter bestimmten Voraussetzungen auch erfolgen, wenn der Erblasser zu seinen Lebzeiten Vermögen in Stiftungen eingebracht hat oder eine Lebensversicherung zu Gunsten einer bestimmten Person abgeschlossen hat.

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